09.09.2013

Reise durch den Kleiderschrank

Neulich habe ich meinen Kleiderschrank aufgeräumt. Ausgeräumt, könnte man auch sagen. Ich habe mir in München nämlich ein paar neue Sachen gekauft und dann festgestellt, dass mein Schrank ein wenig überfüllt war. Also habe ich meine uralten Klamotten aussortiert.

Es hat sich ein wenig wie eine Reise durch meine Gymnasiumzeit angefühlt. Manche Klamotten habe ich in der ersten Klasse des Gymnasiums auch schon getragen, die lagen immer noch ganz hinten im Schrank aufgestapelt und grinsten mir zu. Für manche Sachen habe ich mich beim Aufräumen echt geschämt, ich konnte gar nicht fassen, dass ich die tatsächlich irgendwann mal schön fand. Ich denke aber, das gehört auch irgendwie dazu.

Ich habe auch feststellen müssen, dass ich mit 11 genau dieselben Klamotten getragen habe wie mit 16, oder zumindest denselben Stil – Jeans und T-Shirt. Ich erinnere mich noch genau daran, dass ich irgendwann mit meiner Mama nach der perfekten Jeans gesucht habe. Damals verstand ich unter „der perfekten Jeans“ eine dunkelblaue, etwas enganliegende Hose. Was ich damit ausdrücken wollte, weiß ich eigentlich nicht. Ich weiß nur, dass ich niemandem aufgefallen bin.

Es ist mir fast ein wenig peinlich, wie stolz ich darauf bin, dass ich in den letzten zwei Jahren kein einziges Mal eine Jeans getragen habe – bzw. keine „normale“ Bluejeans, denn ich besitze eine schwarze Jeanshose mit aufgedruckten Sternen, die ich gerne trage.

Was ich eigentlich damit meine: Ich habe irgendwann angefangen zu verstehen, dass ich mich in diesem Jeans-und-T-Shirt-Stil nie wohlgefühlt habe. Es war zwar in gewisser Weise ein „sicherer“ Stil, weil ich niemandem negativ aufgefallen bin, keine Blicke auf mich gezogen habe, mir keine Sprüche anhören musste. Ich war mehr oder weniger unsichtbar und irgendwann fand ich den Mut, diese Unsichtbarkeit abzuschütteln.

Nicht, dass ich eines Tages aufgewacht bin und meine Jeans in den Müll geschmissen habe. Es war vielmehr ein schleichender Prozess, der wohl damit anfing, dass ich mir statt einer Hose einen Rock anzog. Dann kam die Zeit, in der ich nur noch Röcke und Kleider getragen habe, dann kam der Winter, in dem mir irgendwann so kalt war, dass ich mir dann doch lieber eine Hose anzog – aber eine mit Schottenmuster. Nach und nach verschwanden die alten Zeichentrickfiguren-Shirts (obwohl ich die manchmal immer noch als Pyjama benutze).

Okay, irgendwann sollte dieser Eintrag zum Punkt kommen, ich erinnere mich aber nicht mehr, was der Punkt ist.

Die Reise, genau. Ich fand es irgendwie lustig, beim Aufräumen genau die Entwicklung sehen zu können, die ich in den letzten Jahren was Persönlichkeit betrifft durchgemacht habe, diese Entwicklung vom totalen Mauerblümchen hin zu… na ja, ich bin definitiv kein Partymensch und werde wohl nie gerne im Mittelpunkt stehen, aber unsichtbar bin ich nicht und ich habe auch keine Angst mehr, etwas Auffälliges zu tragen, wie eben meine Schottenmusterhose oder gestreifte Overknee-Strümpfe oder meinen heißgeliebten knallgelben Wintermantel.

Dass man diese Entwicklung in meinem Kleiderschrank sehen kann – das war der Punkt, glaube ich.


Schöne Träume!
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03.09.2013

Katzenskelett

Ich war im Stress, tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe. In den letzten Wochen war ich damit beschäftigt, das Chaos in meinem Zimmer zu beseitigen, außerdem habe ich mich mit Freunden getroffen und meiner Mama geholfen, das mit der Katze auf die Reihe zu kriegen.

Wir kriegen aber nichts auf die Reihe.

Vor einer Stunde kam Mama zu mir ins Zimmer und meinte, wir müssten mal über die Katze reden. Morgen fahren meine Eltern mit Grover zum Tierarzt – bis jetzt haben wir ihn jeden Tag ganz brav mit dem Insulin versorgt, aber es bringt nichts. Der Blutzuckerspiegel ist zu hoch, er nimmt nur noch ab und auch wenn er nicht länger ständig miaut, weil er Hunger hat, geht es ihm beschissen. Er wiegt nur noch 2,5 Kilo. Der Tierarzt meinte, das Gewicht eines Katzenskelettes beträgt durchschnittlich zwei Kilo. Das heißt, seine komplette Muskulatur wiegt nur noch ein halbes Kilo. Meine Katze besteht aus Skelett und Fell, sonst nichts.
Es gibt eine letzte Möglichkeit, eine letzte Erklärung dafür, dass das Insulin nicht funktioniert, denn es könnte so sein, dass er die falsche Art von Insulin bekommt. Anscheinend gibt es zwei Varianten. Ich frage mich aber, wieso es der Tierarzt nicht schon vorgeschlagen hat, die zweite Variante mal auszuprobieren. Hat er einfach nicht daran gedacht? Oder meint er, auch das wird nichts bringen?

Mama hat mich gefragt, ob ich es sofort wissen will, wenn sie und Papa sich dafür entscheiden, die Katze einschläfern zu lassen, oder ob ich es erst erfahren möchte, nachdem es schon passiert ist. Meine Antwort bestand daraus, dass ich in Tränen ausbrach.

Wenn ich hier irgendwann hinschreibe, er ist tot, dann wisst ihr, wen ich damit meine.


(Ich verspreche aber, dass mein nächster Eintrag etwas fröhlicher sein wird. Ich gebe mir Mühe, ich weiß schon, worüber ich schreiben möchte, aber es wird vielleicht noch ein wenig dauern, weil mir nach diesem Gespräch mit meiner Mama nicht mehr danach ist.)
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