30.08.2011

Schwäne auf der Limmat

Zürich ist schwer zu beschreiben. Manchmal erinnert die Stadt mich an Nürnberg, manchmal an Regensburg, ein paar Stellen würden auch zu Wien perfekt passen. Das Landesmuseum sieht aus wie ein riesengroßes, mittelalterliches Kloster und der Hauptbahnhof, direkt gegenüber dem Museum, ist so hässlich und modern, dass es einen zum Lachen bringt.

In meinem Reiseführer steht „alle Sehenswürdigkeiten liegen auf engstem Raum“ und genauso ist es; obwohl die Trams alle fünf Minuten vorbeikommen, brauch ich überhaupt nicht mitzufahren (und nicht nur, weil ich ein beschränktes Budget habe), denn alles ist problemlos zu Fuß erreichbar. Es sei denn, ich wolle mir das Rotlichtviertel anschauen, doch darauf verzichte ich.

Unwillkürlich vergleiche ich Zürich mit Berlin und schlussfolgere, dass Zürich älter aussieht. Berlin ist eine Mischung aus Hässlichem und Schönem, Altem und Modernem. Zürich ist irgendwie statischer, wie eine mittelalterliche Stadt, die nur hie und da ans moderne Leben angepasst wurde, statt dass sie dem modernen den Freiraum gegeben hätte, sich aktiv einzumischen. Die ganzen kleinen Straßen, die unerwarteten kleinen Plätze, die süßen kleinen Läden, die geben so ein Gefühl der Vergangenheit, als wäre es immer so gewesen, als hätte sich nur das Warenangebot der Läden im Laufe der Zeit verändert.

Als ich heute mit dem Regionalzug nach Zürich gefahren bin (denn das Hotel ist in Uitikon Waldegg, einem kleinen Dorf in der Nähe), stiegen mit mir ein paar Leute ein, die ganz deutlich Einwohner des Dorfes waren. So ältere Leute, mit Lachfalten. Und sofort wünschte ich mir, eine von ihnen zu sein. Nicht, weil ich für immer hier bleiben wollen würde, dieser Wunsch gilt immer noch Berlin, sondern weil mir klar wurde, dass man als Tourist immer nur eine Seite der Stadt kennenlernt. Dabei würde ich so gerne wissen, wie man hier lebt. Wie es ist, hier zu leben.
An blöden Werbesprüchen fehlt es auf jeden Fall auch in Zürich nicht. Was hältst du denn von „Wir haben gute Nasen für deine Ohren“? Doch ein Spruch, den ich in der Innenstadt entdeckt habe, gefällt mir. Er gehörte zu einem Spirituosenladen (dessen Namen ich leider vergessen habe), wo auf dem Werbeplakat am Fenster in großen goldenen Buchstaben stand: „Liquid Pearls“.

Im Stadtpark, halb im Schatten, halb in der Sonne, lege ich mich auf den Rasen und höre zu. Um mich herum erklingt überall der schweizerische Akzent, und ich vergleiche ihn mit dem österreichischen und dem hochdeutschen. Ich schlussfolgere: hier in der Schweiz redet man langsam und stückweise, als käme mitten im Satz plötzlich ein Punkt. Dafür reden die Leute in Österreich so schnell, dass man die nur schwer versteht, und Hochdeutsch ist zwar langsamer als Österreichisch, doch schneller als Schweizerisch. Trotz fettem R und brüchigem Gerede konnte ich die Leute hier besser verstehen als in Wien.
(Nur die Frau hinter der Theke bei der Bäckerei, die hat schnell geredet und sofort verstand ich nichts mehr.)

Zürich gefällt mir. Die Stadt kommt mir irgendwie entspannt vor, vielleicht auch wegen des schönen Wetters (einundzwanzig Grad!), vielleicht weil ich niemanden habe eilen sehen. Und, Pluspunkt: ich habe noch nirgendwo jemanden Niederländisch reden hören.

Schöne Träume, ich schicke euch (dir?) in Gedanken ein bisschen schweizerischen Sonnenschein!

P.S. Die Limmat ist einer der Flüsse, die durch Zürich strömen. ;)
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