Während der
Zugfahrt nach Zürich fiel mir auf, dass man im Zug eigentlich die Menschlichkeit
in Kurzfassung zu sehen bekommt. Alle menschliche Eigenschaften passieren
Revue.
Auf der Hinfahrt
spielte der menschliche Intellekt die größte Rolle – oder eher der fehlende
Intellekt. Das Beispiel schlechthin: Sitzreservierungen. Mein Papa und ich
wussten genau, in welchem Zugabteil auf welchen Plätzen wir sitzen konnten,
denn das steht auf dem Ticket. Jedoch konnten wir uns nicht hinsetzen; drei
Jugendliche, Achtzehnjährige vielleicht, stellten in dem Moment eben dort ihre
Taschen ab.
„Wir haben
reserviert“, sagten wir möglichst freundlich. Sie schauten uns an, als hätten
wir gesagt, wir kämen vom Mond. ‚Reserviert? Diese Plätze? Wo steht das denn? Oh
wirklich? Haben wir auch eine Reservierung? Oh wirklich? Wo steht das denn? Ach
so… Na toll, welcher Abteil ist das denn? Keine Ahnung… Na eben, wir setzen uns
einfach hierhin, kommt schon in Ordnung, wenn hier andere sitzen wollen, gehen
wir eben wieder weg!‘
Auf der Rückfahrt
mussten mein Papa und ich über Rotterdam; wir stiegen in den Zug, auf dem „Rotterdam“
stand. Nach vielleicht zehn Minuten Fahrt fiel einem anderen Mitfahrenden auf,
dass die elektronische Anzeige „nächster Bahnhof Zwolle“ zeigte, statt „Gouda“. ‚Oh mein Gott! Wir fahren doch nicht nach Zwolle? Nein, wir fahren nach
Rotterdam, über Gouda. Ach so… Haha, zum Glück, denn ich muss ja gar nicht nach
Zwolle.‘
Im Ernst, Leute. Es
steht immer auf dem Zug und am Gleis wo der Zug hinfährt. Schaut doch besser
mal nach, statt einfach einzusteigen. Und wirklich, Sitzreservierungen? Ich hätte
wirklich nicht gedacht, dass es tatsächlich Leute gibt, die noch nichts davon
gehört haben.
Auf der Rückfahrt
ging mir durch den Kopf, dass eine Zugfahrt anscheinend das Schlimmste in
Menschen hervorruft. In einem der Züge saßen wir in dem Abteil, wo Leute auch
ihr Fahrrad abstellen können. Es gibt dort nämlich diese Aufklappsitze, an die
man das Fahrrad lehnen kann. Eine Frau stieg ein, samt Fahrrad, und zu gleicher
Zeit setzte sich ein Typ in Anzug auf einen der Aufklappsitze – genau so, dass
die Frau ihr Fahrrad nur mit ganz viel Mühe an die Wand lehnen konnte, denn
drei Sitze weiter saß noch ein Typ, der sich nur ein bisschen zur Seite drehte
und genervt mit den Augen rollte, als das Fahrrad ihn kurz anstieß.
Dabei war er grade falsch, denn Fahrräder sind in
dem Abteil vorrangig. Doch nein, die beiden Herrn haben sich nicht bewogen. Und
dazu wurde die arme Frau auch noch von drei Jugendlichen ausgelacht, als das
Fahrrad fast umgekippt ist und sie sich geradezu dorthin katapultiert hat, um
es abzufangen.
Kurz: komplett
unhöflich.
Zum Glück gab es
auch ein Pärchen, das offensichtlich ganz doll verliebt war, und sich die ganze
Zeit geküsst hat. Das machte mir auf jeden Fall ein bisschen Hoffnung, dass die Menschheit nicht immer verdorben aus dem Zug kommen muss.
Schöne Träume!
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