12.09.2011

Der unschlagbare erste Eindruck

In einem Vorlesungssaal lernt man nicht nur andere, sondern auch sich selbst kennen. Also nicht nur der Zug ist ein perfekter Platz, Leute zu beobachten.

Auf dem Weg zu den ersten Psychologie-Vorlesungen begegnete ich einem Typen, den ich sofort als den populären, sagen wir mal als die ‚Stimmungskanone‘ einstufte. Später erfuhr ich, dass der in meinem Psychologie-Arbeitskurs drin ist, und da stellte sich heraus, dass er einer von denen ist, der im Unterricht sofort eine Antwort parat haben, ohne zu zögern Leute ansprechen und frech in die Runde lächeln. Also richtig eingestuft.

Irgendwie hab ich in letzter Zeit das Gefühl, alle Gesichter, denen ich begegne, schon mal gesehen zu haben. Totaler Blödsinn, natürlich, trotzdem beschäftigt mich das. Ich weiß, dass es ein Syndrom gibt, das Leute daran hindert, andere als Bekannte oder Familienmitglieder zu erkennen. Da fehlt irgendwie ein ‚sentimentaler‘ Link, so dass man die Person schon erkennt, nur glaubt, dass es ein Doppelgänger oder ähnlich sei. Vielleicht gibt’s so was auch andersrum.

Darum geht’s aber nicht. Es geht um den ersten Eindruck, den ich von meinen neuen Kommilitonen habe. Es gibt diese Stimmungskanone, es gibt ein Mädchen, das mich an eine gute Freundin erinnert (um genau zu sein an die, mit der ich aufs GC-Konzert war), es gibt ein typisches jungenhaftes Mädchen, das Fußball spielt und immer irgendwo einen gebrochenen Knochen hat.

Und es gibt mich.
Was ich im Vorlesungssaal über mich gelernt habe, ist, wie beeinflussbar ich bin. Und soweit ich beurteilen kann, stammt diese Beeinflussbarkeit von dem Wunsch, allen zu gefallen. Von keinem als ‚komisch‘ oder ‚seltsam‘ oder ähnliches eingestuft zu werden. Dabei will ich mich partout nicht ändern, nur um anderen zu gefallen. Ich weiß, das hört sich nach unschlagbar schlechter Logik an.
Ich kann es nicht leiden, dass ich so beeinflussbar bin. Ich versuche mir einzureden, dass die Meinung anderer gar nicht so wichtig ist, wie ich mir immer vormache. Nicht, dass mir das wirklich gelingt.

Es muss auch gesagt werden, manchmal ist’s schlimmer als anders. Es kommt ja auch auf meine Laune an, ob ich müde bin oder nicht, auf die Situation und die Person, die mir ihre Meinung verkündet.
Bin ich die Einzige, die manchmal so denkt? Die sich manchmal so fühlt, als würde der Rest der Welt ihr eine Meinung quasi ‚aufzwingen‘? Und die sich manchmal eben komplett aus dieser Welt zurückzieht, nur um sich dieser Meinung zu entziehen?

Diese Fragen haben sich in mein Hirn geschlichen, während ich im Vorlesungssaal saß und mich umschaute, um andere zu beobachten. Und sie lassen mich nicht mehr in Ruhe.

Guten Appetit, denn es gibt gleich Abendbrot.
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1 Kommentar:

  1. ...Und soweit ich beurteilen kann, stammt diese Beeinflussbarkeit von dem Wunsch, allen zu gefallen. Von keinem als ‚komisch‘ oder ‚seltsam‘ oder ähnliches eingestuft zu werden. Dabei will ich mich partout nicht ändern, nur um anderen zu gefallen...

    Toller Text. Liest du meine Gedanken? :D
    Danke übrigens für deinen süssen Kommentar :)
    xoxo

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