29.12.2011

Das Ende nähert sich…

Ist es egoistisch, wenn ich meine Eltern bitte, sich nicht zu streiten, wenn ich in der Nähe bin und alles hören kann?
Ist es rücksichtslos, wenn ich wünsche, mein Bruder würde mal lernen sich anzupassen, obwohl ich weiß, dass er sich im Laufe der Jahre schon ziemlich verbessert hat?
Ist es heuchlerisch, wenn ich meinen Vater dafür hasse, dass er manchmal so schreit, obwohl ich selber auch schreie, wenn ich wütend bin?
Ist es arrogant, dass ich, wenn Leute mich fragen, ob ich eine Klasse übersprungen habe, sage: „Nicht eine, sondern zwei“?
Ist es feige, dass ich Tokio Hotel selten erwähne, wenn Leute mich nach meinem Musikgeschmack fragen, obwohl die Jungs mich in meinen Zimmer von allen Seiten anstarren und ich fast jeden Song auswendig kenne?
Ist es gemein, wenn ich zu Hause über die Leute erzähle, die mich in den Seminaren mit ihren dummen Fragen genervt haben?
Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich mich über so vieles beklage und selten etwas unternehme, um die Welt zu ändern? Oder gleiche ich es damit aus, dass ich anderen zuhöre, wenn sie sich beklagen wollen?
Ist es heuchlerisch, wenn ich mir wünsche, dass Mama mich nach meinen Erlebnissen fragt, es oft jedoch nicht interessant finde, wenn sie mir etwas erzählt?


Jetzt kommen meine Eltern rüber wie desinteressierte, streitsüchtige Menschen. Und mein Bruder wie ein Autist. Und ich wie ein obsessiver, kreischender TH-Fan slash attention whore. Ehrlich: die Wahrheit sieht anders aus. Meine Eltern streiten sich manchmal und mein Vater kann ganz schön laut werden, aber nichts außergewöhnliches; sie vertragen sich auch immer wieder. Mein Bruder hat seine Probleme, Autismus ist jedoch keins von denen, und obwohl sein Leben ganz nach seinem im Hirn gespeicherten Tagesplan ablaufen muss, kann er auch ganz gemütlich sein. Und ich kann zwar gut kreischen, unsichtbar wäre ich trotzdem gern und ich glaube auch nicht, dass ich irgendwann Bill Kaulitz heiraten werde. Ich will es auch nicht.

Die letzten Tage des Jahres gehören ganz der Melancholie. Noch zwei, und dann ist Sylvester, dann ist wieder ein Jahr vorbei. Und was habe ich gemacht, in diesem einen Jahr? Meinen Schulabschluss – Abitur. Meine ersten Klausuren an der Uni. Zwei meiner Freundschaften sind in die Brüche gegangen. (Frage ist, ob ich das war, oder ob wir das zusammen geschafft haben.) Ein Drama hat die Familie wachgeschüttelt, und wir wissen nicht, wie es nun weitergeht; viele Folgen hat es nicht, nicht kurzfristig, aber wer weiß, wie es in drei Jahren aussieht? Wie er in drei Jahren aussieht…
Viele Bücher habe ich gelesen, viele Filme geschaut, viel Musik gehört, viele Kapitel geschrieben. Viele Städte besucht, viele Leute getroffen, viele Haare verloren, viele Geschenke empfangen, viele Wörter gelernt. Überhaupt vieles gelernt. Über mich, über die Welt, über die menschliche Psyche, über Diskussionen zwischen Grammatikern, die mich null interessieren. Über das Leben, ein bisschen, hoffe ich.

Habt ihr gute Vorsätze fürs neue Jahr? Ich habe so viele, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen muss. Und meistens scheitere ich eh schon im Januar. Weniger essen. Mehr Geduld üben. Disziplin. Mehr lesen. Öfter Bass spielen. Netter sein zu den Leuten um mich rum. Die Schuld nicht immer anderen in die Schuhe schieben. Mehr lächeln. Mehr Menschen helfen, oder im Allgemeinen weniger egoistisch sein. Weniger rumsitzen, mehr Bewegung, mehr Tatkraft. Weniger Mich-in-den-Hintergrund-Schieben. Gegen die Telefonangst und Gesprächsangst und die ganzen anderen sozialen Phobien ankämpfen. Kochen lernen. Die Freundschaften, die ich noch habe, pflegen. Mich weniger beklagen.

Grenzen setzen. Vor allem, wenn es um Blogeinträge geht. Dieser zählt ja mehr als 600 Wörter… und es ist schon nach Mitternacht. Ich verspreche euch, dass ich zumindest noch den Änderungseintrag umschreibe, bis 2012 kommt, ich habe sonst eh nichts zu tun. ;)

Schöne Träume!
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2 Kommentare:

  1. Ich werds ganz bestimmt versuchen.
    Ach zum Post da unten... diese Gedanken find ich weder böse noch egoistisch, sie sind einfach menschlich... =)
    Und rote Haare sind sowas von cool!

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  2. "Ist es feige, dass ich Tokio Hotel selten erwähne, wenn Leute mich nach meinem Musikgeschmack fragen, obwohl die Jungs mich in meinen Zimmer von allen Seiten anstarren und ich fast jeden Song auswendig kenne?"
    Ich weiss nicht ob es feige ist. Fakt ist, dass ich selber genau das gleiche mache. Zwar nicht mit Tokio Hotel, aber ansonsten ist es das selbe.
    Und ich denke auch, dass deine Gedanken nur menschlich sind.

    xoxo<3

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