15.02.2012

Die Ironie der Wahl

Für uns ist es heutzutage ganz selbstverständlich, dass wir wählen dürfen. Wählen wie bei den Parlamentswahlen, wählen wie beim Frühstück und ob man dann lieber Brötchen oder doch Müsli essen möchte. Heute wurde mir jedoch mal wieder bewusst, wie lange diese Freiheit nicht selbstverständlich gewesen ist, und wie sehr die Leute darüber gegrübelt haben, ob solche Freiheit wirklich das richtige ist.
Das heißt, bei solchen Sachen wie Frühstück ist es ja relativ egal, diese Entscheidung bedeutet in der Gesellschaft eigentlich nichts. Aber bei den Wahlen – im neunzehnten Jahrhundert lief eine Debatte darüber, ob allgemeines Wahlrecht wirklich eine vernünftige Sache ist. Denn sind alle Leute in der Lage, eine solche Entscheidung zu treffen? Auch die, die sich vorher noch nie mit Politik beschäftigt haben? Auch die aus den unteren Schichten der Gesellschaft? Auch die, die sich nicht mal für Brötchen oder Müsli entscheiden können?
Manchmal frage ich mich das auch. Wie viele Leute machen sich über Politik Gedanken? Wie viele Leute sind gut informiert, wie viele Leute wissen wirklich Bescheid?

Wie viele Leute machen sich über die Zukunft Gedanken?
Ich hab schon mal geschrieben, dass ich ziemlich häufig an die Zukunft denke und mir die Zukunft ausmale und auch hin und wieder wünsche, die Zukunft wäre schon gekommen. (Obwohl man in der Zukunft ja nie sagen würde: „Hey, jetzt ist die Zukunft endlich da!“)
An der Universität ist alles irgendwie zur Gewohnheit geworden. Und das ist überhaupt nicht schlimm, ich will mich auch nicht beklagen, dass ich zu wenig zu tun hätte. Ganz im Gegenteil, meine To-Do-Liste ist ziemlich vollgepackt. Die Aufgaben sind ab und zu ein wenig nervig, vor allem wenn ich eigentlich lieber andere Sachen gemacht hätte, aber ich denke schon, dass ich mich für die richtigen Studiengänge entschieden habe.
Bei anderen Menschen in meinen Kursen bin ich mir aber nicht so sicher. Es gibt dort so ein paar Typen, die mich ziemlich an ihrer Vernunft und Entscheidungsfähigkeit zweifeln lassen. Die sitzen im Unterricht nur blöd rum, lachen sich über die meisten Sachen halbtot und sagen weiter kein Wort.
Ich finde eh schon, dass meine Mitstudenten in den Seminaren kaum den Mund aufmachen. Da stellt der Dozent bzw. die Dozentin eine Frage und alle sind erst mal eine Minute still, bis entweder ich oder der Dozent mit einer Antwort anfängt. Bin ich eine Streberin oder sind die anderen einfach faul? Oder feige? Oder was ist da los? Ich find’s eigentlich unhöflich, dass diese peinliche Stille dann immer eintritt, und die Dozenten uns dann so erwartungsvoll anschauen. Aber ich will auch nicht immer diejenige sein, die mit einer Antwort kommt.
Diese Leute, die alles total lustig finden und die meisten Sachen ins Lächerliche ziehen, kann ich auch nicht leiden. Ich frage mich einfach, wieso die überhaupt noch dabei sind, wenn die Seminare sie anscheinend null interessieren und sie nicht mal die Höflichkeit besitzen, andere beim Zuhören nicht zu stören. Haben die sich nur für dieses Studium entschieden, weil sie das wollten und sie sich wirklich Gedanken drüber gemacht haben? Oder einfach nur, weil sie sich für irgendein Studium entscheiden mussten und ach, Deutsch ist dem Niederländischen so ähnlich, das ist bestimmt leicht?

Vielleicht bin ich die einzige, die sich darüber aufregt. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, ob die Lehrer es genauso empfinden. Ich weiß nur, dass ich jeden Tag seit Semesteranfang genervt nach Hause komme, meine Tasche auf einen Stuhl schmeiße und wenn meine Eltern fragen: „Wie war dein Tag?“, antworte: „Don’t even go there.“
„Ach, so schlimm?“
„Jaaaa. Na ja, kommt auf den Aspekt an.“
„Was war denn so schlimm?“
„Die Menschen!“
Irgendwie ironisch, dass ich mit den Menschen nicht klarkomme, obwohl ich doch Psychologie studiere. Nur dass die Leute in Psychologie mich weniger nerven als die in Deutsch.

Jetzt werde ich einfach mal abschalten und mit meiner Mama den Film von gestern zu Ende schauen. Heute war mal wieder ein ganz schön langer Text – tut mir leid.

Schöne Träume!
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2 Kommentare:

  1. :)

    Wieso tut es dir Leid, dass der Text so lang ist ist doch schön zu lesen.

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  2. Also ich gehöre auch zu denen, die sich so gut wie nie melden im Unterricht. Ich will nichts falsches sagen, denke ich.
    Ich hoffe du hast wieder Zeit zu atmen
    xoxo<3

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