03.02.2012

Die Welt is weiß

From: Coward
To: Snow
Subject: Bugger off!

Morgen hat meine Mama Geburtstag. (Ha, fast derselbe erste Satz wie im letzten Post. Ich bin ja soooo witzig.)
Also, eigentlich geht’s gar nicht um meine Mutter. Und der Titel hört sich ein bisschen politisch an, als würde ich gleich einen ganzen Vortrag schreiben über Diskrimination und „die Macht des Westens“ und weiß ich was noch. Dabei geht’s mir nur um den Schnee.

Ich mag Schnee. Eigentlich. Wenn ich schön warm drinnen sitze und weiß, dass ich nicht mehr raus muss, bis der Schnee weg ist. Das passiert also nur ganz, ganz selten. Schnee haben wir ja auch nur ganz, ganz selten. Und jedes Mal, wenn der Schnee kommt, bringt er Probleme mit sich.
Probleme mit dem Zug (weil die niederländische Bahn sich ja nie auf irgendwelche Wettersachen vorbereiten, die gehen einfach davon aus, dass die Sonne immer schön scheint und draußen die Lämmer auf den Wiesen spielen und alle Menschen glücklich sind). Meine Mama steckt grade in Amersfoort fest, weil die Züge nicht mehr nach Utrecht fahren. Vielleicht schafft sie es noch über Amsterdam nach Hause, aber das dauert so oder so zwei Stunden länger. Wenn nicht mehr. Dabei war schon seit Tagen klar, dass es heute schneien wurde. Aber komm schon, wieso denn die Bahn darauf vorbereiten? Sonst ist’s doch nicht spannend, und was ist das Leben ohne ein bisschen Abenteuer?



Mein ganz persönliches Problem mit Schnee hat mit dem Radfahren zu tun. Schnee führt mir immer wieder vor Augen, wie feige ich doch wirklich bin. Ich finde es nämlich ganz schlimm, durch den Schnee fahren zu müssen, und traue mich auch nicht. Das heißt: heute war ich bei meinem Vater auf der Arbeit, weil zu Hause zu viel Lärm war (erklär ich in einem späteren Eintrag vielleicht mal) und so gegen vier Uhr sagte mein Vater, dass er noch kurz in die Stadt wollte, um ein Geschenk zu kaufen. Für meine Mutter. Weil die ja morgen Geburtstag hatte. Toll, ich komme mit!
Ja, also, nein. Das war … ich wollte das auch, wirklich, aber dann habe ich den Schnee gesehen und mir gedacht, dass das nicht geht. Und es geht auch nicht. Ich bin nach Hause gelaufen, ganze vierzig Minuten in der Kälte, und ich war traurig und fühlte mich blöd und ich könnte mir immer noch eine dafür klatschen.
Mein Vater hat das wahrscheinlich längst wieder vergessen, den interessiert das halt nicht so viel, und meine Mama hat im Moment schon etwas anderes im Kopf. Die weiß ja gar nicht, wie sie heute nach Hause kommt. Aber ich weiß jetzt schon, dass ich mir das ganze Wochenende noch darüber den Kopf zerbrechen werde. Ich fühle mich schuldig, weil ich kein Geschenk habe, fühle mich blöd, weil drei Zentimeter Schnee mir Angst machen… Ich werde mindestens drei Tage noch gegen den Selbstspott bzw. –hass ankämpfen. Selbstunzufriedenheit. Das ist ja mal ein schönes Wort. Trifft heute genau auf mich zu.

Und weil ich jetzt mit der S-Bahn fahren muss, weil ich noch Bassunterricht habe, und das immer mindestens eine Viertelstunde länger dauert als mit dem Fahrrad, verabschiede ich mich wieder…

(Aber sind die Bilder nicht toll? Extra für euch auf dem Nachhauseweg noch gemacht. Dabei war ich genervt, sauer und froren mir die Finger ab!)
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1 Kommentar:

  1. Ich weiss noch, diesen Eintrag habe ich gelesen kurz bevor ich in die Ferien gefahren bin. Und ich konnte mich total mit dir identifizieren! Mit Schnee habe ich irgendwie auch so meine Probleme, allerdings eher, wenn es um Schneesportarten geht. Und als ich damals deinen Text gelesen habe, habe ich auch gerade eine geballte Ladung Selbsthass auf mich gerichtet...
    Und du hast Recht, in unserer Klasse haben wir tatsächlich etwas mehr Schüler, als bei dir im Deutsch.

    xoxo <3

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