22.11.2012

Stilexperiment 1, ein Etwas

Gestern war diese Privatstunde bei der Professorin, die ich in einem der letzten Einträge schon mal erwähnt habe. Ich war total aufgeregt und nervös, aber es war eigentlich ganz nett. Die Professorin ist sehr freundlich und wir haben ein ganz normales Gespräch geführt, und zwar über einen Text, den ich mal geschrieben habe. Das war schon irgendwie komisch, denn die Professorin ist Literaturwissenschaftlerin und die betrachtet meinen Text also auch, als wäre das ein total literarisches Etwas. Für mich war das wirklich nur ein Etwas, ein paar kurze Absätze, die ich irgendwann in einer Vorlesung niedergekritzelt habe.

Aber gut. Ich hatte mir natürlich schon ausgemalt, was alles schiefgehen könnte, Blackout und weiß ich was, aber nichts von alledem ist passiert und jetzt stelle ich einfach mal den Text rein, den wir besprochen haben, weil ich sonst nichts mehr zu erzählen weiß und ich muss auch gleich an die Uni. Viel Spaß. :)

Ein kratzender Wind pfiff um die Häuser, ein Geräusch wie Nägel über eine Tafel. Die Bäume auf der anderen Straßenseite krächzten, versuchten krampfhaft, dem rasenden Wind standzuhalten, und verbeugten sich. Immer mehr Blätter, graue und braune und rötliche, lösten sich von den Zweigen und wurden sofort vom Wind ergriffen. Die meisten erreichten den kalten Boden nie.
In einem der Häuser schimmerte Licht. Die Vorhänge waren zugezogen, nur der blasse Schein einer Lampe erreichte die dunkle Straße. Graue Wände, hohe Fenster und stolze Fassaden waren nur vage erkennbar in der Nacht.
Ein leises Miauen durchbrach die Stille. Ein hübsches schwarzes Tier mit langem Schwanz schlängelte sich um die Küchentür und tapste auf die Figur zu, die über ein Buch gebeugt am Tisch saß. Sie strich eine Haarsträhne zurück und die Katze knurrte, sprang mit einem eleganten Satz auf den Tisch und schaute die Figur mit ihren großen, gelben Augen an. In ihrem Blick schien ein Vorwurf zu liegen.
„Ja, ich weiß“, murmelte die Figur. „Bin gleich fertig.“
Die Katze gab erneut ein Knurren von sich, legte sich auf die Tischplatte und fing an, sich die Pfoten zu waschen. Die Figur widmete sich wieder dem Buch und den gelblichen Seiten. Vorsichtig schlug sie die Blätter um und ließ ihre Augen über den Inhalt gleiten. Sie sah Bilder, fantastische Bilder, las ebenso fantastische Texte, und verlor sich voll und ganz zwischen den nach Staub und altem Holz duftenden Seiten.
Dann – plötzlich – ein lauter Knall durchriss die Nacht. Die Katze kreischte auf und verschwand, suchte sich mit einem Sprung einen sicheren Unterschlupf. Ihr Schwanz verschwand unter dem Klavier, das wie ein schweigender Schatten im Wohnzimmer stand und durch den Spalt, den die Küchentür offen ließ, spähte.
Die Figur bewegte sich nicht. Regungslos war sie, wie aus Stein, die Hand immer noch kurz davor, eine Seite umzublättern.
Sie lauschte.
Draußen war es still.
Langsam legte die Figur das Buch zur Seite und erhob sich. Sie trat ans Küchenfenster, zögerte, schien die Vorhänge zurückschieben zu wollen. Kurz glitt ihr Blick zur Küchenuhr. Die Zeiger sagten ihr, dass es schon drei in der Nacht war. Sie schauderte kurz, drehte dann dem Fenster den Rücken zu und verließ die Küche.
Die gelben Katzenaugen blitzten unter dem Klavier hervor. Das Tier gab ein leises Miauen von sich und schaute sich nervös um, als erwartete es einen zweiten Knall. Der blieb jedoch aus. Die Nacht tropfte in aller Stille aus dem Himmel herab, bis nichts als ein grauer Morgen übrigblieb. 
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18.11.2012

Ich will nur noch ins Bett

Habt ihr mal mit einer Person zusammenarbeiten müssen, die einfach nicht den Erwartungen entspricht?

Ich arbeite grade mit einem Freund zusammen, er ist wirklich nett und wir führen gute Gespräche und so, aber wie er arbeitet… Ehrlich, es tut mir leid, aber er versteht einfach nicht, was Struktur heißt, seine Sätze sind total lang, er benutzt komische altmodische Wörter, alles ist total… vage. Er schreibt einen ganzen Absatz und am Ende weiß man trotzdem noch nichts, außer, dass er einen ganzen Absatz über irgendein Thema geschrieben hat.

Ich bin so müde und jetzt muss ich noch die ganze Arbeit umschreiben, weil er ja schön viel Text produziert hat, aber eigentlich gar keinen Inhalt.

Natürlich fühle ich mich schuldig darüber, dass ich es so sagen muss, so schroff, aber… Ich möchte einfach nicht, dass mein Name draufsteht, wenn wir diese Arbeit so einreichen, wie sie jetzt ist. Weil. Na. Weil die Arbeit nicht gut genug ist.

Scheiße, ich fang noch an zu weinen. Bin einfach fertig. Mit den Nerven am Ende.
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16.11.2012

Ich lebe noch!

Ja Leute, ich bin noch am Leben. Zwar übermüdet, überarbeitet und voll im Stress, aber am Leben.

November ist irgendwie… ich mag den Monat irgendwie nicht. Plötzlich wird das Wetter total kalt, die Züge sind überfüllt, es gibt immer Probleme mit der Eisenbahn im November, ohne Scheiß, und ich weiß einfach nicht, wieso. Na gut. Und natürlich stresst die Uni.

Drei Fächer in Psychologie, drei in Deutsch. Die drei in Deutsch sind gar nicht so stressig, nur, dass ich fürs eine Fach jede Woche althochdeutsche und mittelhochdeutsche Literatur bzw. Literatur über althochdeutsche und mittelhochdeutsche Literatur lesen muss, was irgendwie Spaß macht, aber auch gaaanz viel Zeit in Anspruch nimmt. Das zweite Fach ist halt Spracherwerb und total langweilig, weil wir immer nur noch über Kommas und „wie benutzt man den Genitiv“ reden und tut mir leid, aber ich glaube, das weiß ich inzwischen schon. Und das dritte Fach ist Wissenschaftsphilosophie und ich gehe gar nicht mehr hin, weil es langweilig ist.

Aber in Psychologie sind die total durchgedreht. Jede Woche muss ich zwei Essays einreichen, je fünfzehntausend Wörter, und das sind auch wieder Gruppenarbeiten, das heißt, ich verbringe meine Wochenenden damit, auf die anderen zu warten, bis die ihren Teil gemacht haben. Das ist doch verrückt.

Ich beruhige mich mit Minztee, Süßigkeiten und ganz viel Schlaf.

Ach, und ich muss nächste Woche auch noch einen kurzen Text auf Deutsch einreichen, weil die Professorin mir das tolle aber irgendwie beängstigende Angebot gemacht hat, mir „Privatunterricht“ zu geben. Der normale Unterricht ist mir zu langweilig, weil wir – wie gesagt – über Sachen reden, die mir längst nicht mehr neu sind. Deswegen meinte die Professorin zu mir, dass wir zu zweit vielleicht etwas machen könnten, das irgendwie herausfordernd für mich ist. Ich bin sooo nervös, echt.

Na gut.
Das war mal wieder ein ganzer Eintrag über mein sehr stressiges Leben an der Uni. Es gibt im Moment einfach nichts, worüber ich sonst schreiben könnte, denn mein ganzes Leben dreht sich jetzt um die Uni.
Ach, und ich muss auch noch Sachen für das Sinterklaas-Fest vorbereiten. Ich habe momentan sogar keine Lust auf Sinterklaas!

Halb zwölf schon. Okay, schlafen.
Schöne Träume!
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04.11.2012

Es tut mir leid, aber …

Ich habe wirklich die ganze Woche gehofft, dass er das nicht als Date gemeint hat. Ich habe mir gesagt, dass ich das locker sehen muss, dass ich mir zu viele Sorgen mache, dass er bestimmt nicht solche Gefühle für mich hat – denn so toll bin ich nun wirklich nicht. Das mulmige Gefühl, dass da vielleicht doch mehr war, als er mich zum Konzert eingeladen hat und seine Augen zu strahlen begannen, als ich die Einladung angenommen habe, ließ sich aber nicht ganz verdrängen.

Und das mulmige Gefühl hatte Recht, denn er hat mich nach dem Konzert gefragt, ob ich mit ihm zusammen sein will. Es war so peinlich, so klischeehaft und so scheiße. Ich hab nein gesagt, weil ich nicht in ihn verliebt bin, er ist einfach ein normaler Freund für mich. Aber, mein Gott. Es tut mir leid – er tut mir leid. Ich wollte ihn ja nicht verletzen, trotzdem komme ich mir jetzt wie eine böse Hexe vor oder so. Ich hätte fast noch gedacht, dass es ja sowas von typisch ist, dass grade mir das passiert, aber es ist gar nicht typisch. Sowas ist mir noch nie passiert; der eine Junge aus der Grundschule, der mich mal gefragt hat, zählt nicht, denn ich war grade mal neun Jahre alt und es ging um Händchenhalten und nebeneinander in der Klasse sitzen.

Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon für eine Beziehung bereit bin. … das hört sich irgendwie komisch an. Der Satz, meine ich. Na gut.
Es gibt noch so vieles, das ich entdecken muss. Ich war noch nie verliebt – Figuren aus Filmen und Büchern oder auch Musiker zählen nicht, das ist ja nicht wirklich verliebt sein. Ich habe noch nicht mal endgültig und empirisch festgestellt, ob ich auf einen Traumprinzen oder eine Traumprinzessin warte (obwohl ich mir inzwischen zu neunzig Prozent sicher bin, dass es mir egal ist).
Irgendwie hab ich so ein Gefühl, dass ich das alles erst wissen werde, wenn ich nicht mehr hier in den Niederlanden, sondern in einem neuen Leben in Deutschland oder woanders bin. Von diesem Leben träume ich schon seit Jahren und meine Träume sind bestimmt total unrealistisch und romantisiert. Kann jemand mal die Pubertät abstellen, bitte?

Ich zweifle grade gewaltig an mir. Habe ich ihm auf irgendeine Art und Weise Hoffnung gemacht? Benehme ich mich ihm gegenüber anders als anderen gegenüber? Hätte ich vielleicht nicht mit aufs Konzert gehen sollen? Ich bin einfach komplett durcheinander. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass ich mich anders benehme. Vielleicht versteht er einfach nicht, dass ich bei meinen Freunden einfach so bin, wenn ich mich öffne, dann auch richtig. Er sollte mal wissen, wie oft ich Andy umarme oder mich einfach mal an ihn kuschele oder so. Andy und ich sind nicht zusammen und ich bin auch nicht in Andy verliebt.

Erzähle ich meiner Mutter, was passiert ist? Wir haben im Moment ein kleines Vertrauen-Tief, glaube ich, aber das muss ja nicht sein – vielleicht mache ich es auch wieder besser, wenn ich ihr davon erzähle. Irgendwie habe ich Angst, dass sie sagen wird, „Ich hab’s dir ja gesagt!“ Dabei hat sie es gar nicht gesagt, bloß angedeutet, dass es eine Möglichkeit wäre. Aber das reichte ja schon, denn mir ist auch immer wieder der Gedanke gekommen, dass er das vielleicht nicht ganz so freundschaftlich-neutral sieht wie ich.

Irgendwie komme ich mir jetzt wie Bella Swan aus der Twilight-Reihe vor, die sich anfangs darüber beklagt, dass es ihr so schwer fällt, Freundschaften zu schließen, und später beklagt sie sich, weil plötzlich alle Jungs mit ihr zusammen sein möchten. Aber das ist kein Grund, ja zu sagen, oder? Nur, weil bis jetzt noch niemand Interesse an mir gezeigt hat, muss ich mich nicht auf den erstbesten einlassen, der mich fragt. Auch wenn er mir leid tut und ich ihn nicht verletzen wollte.

Ganz schön scheiße, das ganze. Und es geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Deswegen werde ich jetzt erst mal frühstücken gehen (ja, ich weiß, dass es schon halb zwei ist) und mich dann meinen Hausaufgaben widmen, in der Hoffnung, dass die mich ablenken.
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