04.10.2011

Die Familie-Widersprüche

Manche Leute sind voller Widersprüche. Heute im Zug standen zwei Mädchen neben mir, beide hochmodisch angezogen, beide mit ner Portion Pommes in der Hand. Die Pommes rochen super und mir lief schon das Wasser in den Mund, der Geruch machte mich fast schon high – und die beiden Mädchen aßen diese göttliche Speise (verzeih mir, ich hatte Hunger) mit unglaublich griesgrämigen Gesichtern.
Dann, als ich aus dem Zug kam und mein Fahrrad zwischen all den anderen gefunden hatte, hörte ich plötzlich einen lauten Husten hinter mir. Ich drehte mich um, erwartete einen Typen mit ner knallroten Nase und entdeckte einen Anzugträger, gesund wie sonst was, mit einer Zigarette zwischen den Lippen geklemmt. Na toll. Dann hatte ich auch kein Mitleid mehr.

Ich wollte eigentlich was über Familie schreiben, es gab nämlich einen Anlass dazu, aber obenstehendes musste ich kurz loswerden. Einerseits war’s schon lustig und andererseits könnte ich mir vor den Kopf schlagen.
Zurück zur Familie. Für mich ist Familie auch irgendwie… voller Widersprüche. Ich kann das jetzt am besten mit diesem Beispiel erklären. Der Anlass zu diesem Eintrag war nämlich, dass mein Onkel aus Amerika nach Holland gekommen ist, um seine Mutter und Schwiegermutter zu besuchen. Also seine Mutter ist ja meine Oma, die Mutter meiner Mutter. Und dieser Onkel aus Amerika kommt höchstens einmal pro Jahr in die Niederlande. Ich kenn ihn also nur vom Gesicht her, ansonsten nicht.
Dass meine Oma und meine Mutter ihn gerne sehen wollen, wenn er mal da ist, kann ich mir vorstellen, aber ich hab nicht mal richtige Familie-Gefühle für diese Person, bzw. für seine Frau. Ich hatte dementsprechend wenig Lust auf den Familientreff. (Obwohl ich meine Oma schon ziemlich gerne hab.)

Dann kamen wir dort an, mein Onkel und seine Frau waren vierzig Minuten zu spät (meine Oma ist fast ausgeflippt) und nach dem ganzen „Hallo-Wie-Geht’s“-Hin-und-Her fragte mein Onkel mich: „Und, spielst du immer noch Fußball?“
Ich hab nie in meinem Leben Fußball gespielt.

Jetzt mal zum Punkt. Ich bin nicht so ein Familientyp, kann ich schon sagen. Weihnachten mag ich auch nicht, weil wir uns dann gezwungen zusammensetzen und es uns gemütlich machen sollen, quasi.
Vielleicht soll ich sagen, Familientreffe sind nicht unbedingt mein Ding. Weil Familie mir trotzdem schon was bedeutet. Ich hab meine beiden Omas wirklich gerne und die meisten meiner Onkel und Tanten auch. (Die meisten, sage ich… Eben weil der Onkel aus Amerika irgendwie auf komische Weise mitzählt.) Und dann hab ich noch vier Cousinen und einen Cousin, mit denen ich mich meistens schon gut verstehe. Zwei von denen sind jünger als ich, die anderen älter. Muss ich noch erwähnen, dass ich mich mit den Älteren besser verstehe?

Bin immer noch nicht beim Punkt angelangt. Jetzt mal. Meine Sicht auf Familie ist so… widersprüchlich. Meine Familie ist mir schon wichtig und trotzdem finde ich, dass der Nachdruck auf Familie ab und zu mal übertrieben wird. Als ich mich beklagte, weil der Onkel aus Amerika mich und meinen Bruder unbedingt sehen wollte, da er uns so lange nicht gesehen hatte (und wir normalerweise nicht mit auf solche Familientreffe gehen) – da hat mein Bruder plötzlich gesagt: „Das ist normal. Auch wenn sie dich nicht wirklich kennen, ist das eben Familie.“
Und ich find das scheiße. Nur weil wir irgendwo DNA teilen, heißt das doch noch lange nicht, dass wir uns auch über die Chance freuen sollten, uns mal zu treffen. Mit der Familie in den Niederlanden find ich das noch okay, weil die schon noch vieles über mein Leben und ich über das ihre mitbekommen und wir also ein Gesprächsthema haben, das über das übliche Kennenlernen hinausgeht.

Wenn ich jetzt noch weiter schreiben, wird der Eintrag wirklich zu lange. Es tut mir Leid, dass ich mich ein wenig in Rage geredet hab… Hoffe, es war trotzdem okay.

Schöne Träume! :)
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