- Wir sind nicht am Sonntagmorgen in den Englischen Garten gegangen, um dort in der Kühle (die immer noch heiß ist) ein paar Stunden mit Lesen und Schlafen zu verbringen.
- Wir haben weder Badminton noch Volleyball gespielt, dabei waren wir uns im Juli doch so sicher, dass wir beides tun würden.
- Wir haben weder Innsbruck noch Würzburg noch Augsburg noch Nürnberg noch Heidelberg noch Regensburg noch irgendeine Burg besucht.
- Wir haben keine Ausflüge zu viert gemacht.
Unser Familienleben steht zurzeit etwas unter Druck.
Etwas?
Gewaltig.
Unsere Katze – meine süße, doofe, kleine
Lieblingskatze, die auf meinem Kopfkissen und den Heften mit meinen Geschichten
schläft und über meinen Schreibtisch spaziert, wenn ich versuche zu studieren –
diese Katze, Grover, ist vor kurzem an Diabetes erkrankt und der Tierarzt hat
nur eine Sache angemerkt, über die man positiv sein kann, und zwar dass er in
der letzten Woche nur ein halbes Kilo abgenommen hat. Uns bleiben nur drei Kilo
einer Katze übrig.
Grover bekommt Insulin gespritzt, zweimal
täglich, aber bis jetzt scheint das völlig überflüssig zu sein, denn sein
Blutzuckerspiegel ist immer noch zu hoch und daran hat sich auch nach Erhöhung
der Insulindose nichts geändert. Er hat ständig Hunger und ist langsam, fast
schläfrig. Zweimal haben wir schon gedacht, es geht ihm so schlecht, er
überlebt das Wochenende nicht.
Mama ist mit der kranken Katze ganz alleine. Sie
muss ihm seine Spritzen geben, ihm beim Essen zusehen, dafür sorgen, dass er
weder zu viel noch zu wenig isst. Gleichzeitig muss sie arbeiten, ihre
Dissertation schreiben, für den Haushalt sorgen und abends ohne Papa einschlafen.
Krise – also brechen mein Bruder und ich unseren Urlaub in München ab und
fahren am Samstag nach Hause, um Mama zu unterstützen. Papa muss hier in
München noch arbeiten.
Wieso entspricht die Realität nie unseren
Erwartungen? Ich hatte mir den Sommer hundertmal schöner vorgestellt. Das einzige
Unschöne hätte sein sollen, dass Mama nicht jede Woche zu uns nach München
kommen konnte. Stattdessen war das einzige Schöne unser Festivaltag, den wir eigentlich
zu viert hätten genießen sollen. Dass ich Camp NaNoWriMo geschafft habe war
auch nicht schlecht.
Klar gab es schöne Momente – aber ich habe in
den letzten Wochen so oft geweint, Angst wegen meiner Katze gehabt, mir Sorgen
um meine Mama gemacht, das Schicksal verflucht, weil es uns den schönen Familienurlaub
unmöglich gemacht hat, dass alle tollen Momente in den Hintergrund rücken,
sobald sie vorüber sind.
Und dann fragt sich Papa immer noch, wieso ich
mich an ihn kuschele, wenn er abends nach der Arbeit endlich wieder da ist. Gestern
hat er mir wortwörtlich gesagt: „Das wundert mich, weil du doch schon achtzehn
bist.“
Du musst mich trösten, hörst du. Da ist mein
Alter doch scheißegal.
Es macht mich unendlich traurig, dass keine
meiner schönen Vorstellungen Wahrheit geworden ist. Wieso ist im realen Leben
nichts so toll wie in meiner Fantasie? Ich würde so gern jeden glücklich sehen.
Im Moment ist wohl niemand so richtig glücklich.
Die Realität kotzt mich an.
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