Für uns ist es
heutzutage ganz selbstverständlich, dass wir wählen dürfen. Wählen wie bei den Parlamentswahlen,
wählen wie beim Frühstück und ob man dann lieber Brötchen oder doch Müsli essen
möchte. Heute wurde mir jedoch mal wieder bewusst, wie lange diese Freiheit
nicht selbstverständlich gewesen ist,
und wie sehr die Leute darüber gegrübelt haben, ob solche Freiheit wirklich das
richtige ist.
Das heißt, bei
solchen Sachen wie Frühstück ist es ja relativ egal, diese Entscheidung
bedeutet in der Gesellschaft eigentlich nichts. Aber bei den Wahlen – im neunzehnten
Jahrhundert lief eine Debatte darüber, ob allgemeines Wahlrecht wirklich eine
vernünftige Sache ist. Denn sind alle Leute in der Lage, eine solche
Entscheidung zu treffen? Auch die, die sich vorher noch nie mit Politik
beschäftigt haben? Auch die aus den unteren Schichten der Gesellschaft? Auch die,
die sich nicht mal für Brötchen oder Müsli entscheiden können?
Manchmal frage
ich mich das auch. Wie viele Leute machen sich über Politik Gedanken? Wie viele
Leute sind gut informiert, wie viele Leute wissen wirklich Bescheid?
Wie viele Leute
machen sich über die Zukunft Gedanken?
Ich hab schon mal
geschrieben, dass ich ziemlich häufig an die Zukunft denke und mir die Zukunft
ausmale und auch hin und wieder wünsche, die Zukunft wäre schon gekommen. (Obwohl
man in der Zukunft ja nie sagen würde: „Hey, jetzt ist die Zukunft endlich da!“)
An der
Universität ist alles irgendwie zur Gewohnheit geworden. Und das ist überhaupt
nicht schlimm, ich will mich auch nicht beklagen, dass ich zu wenig zu tun
hätte. Ganz im Gegenteil, meine To-Do-Liste ist ziemlich vollgepackt. Die Aufgaben
sind ab und zu ein wenig nervig, vor allem wenn ich eigentlich lieber andere Sachen
gemacht hätte, aber ich denke schon, dass ich mich für die richtigen
Studiengänge entschieden habe.
Bei anderen
Menschen in meinen Kursen bin ich mir aber nicht so sicher. Es gibt dort so ein
paar Typen, die mich ziemlich an ihrer Vernunft und Entscheidungsfähigkeit
zweifeln lassen. Die sitzen im Unterricht nur blöd rum, lachen sich über die
meisten Sachen halbtot und sagen weiter kein Wort.
Ich finde eh
schon, dass meine Mitstudenten in den Seminaren kaum den Mund aufmachen. Da stellt
der Dozent bzw. die Dozentin eine Frage und alle sind erst mal eine Minute
still, bis entweder ich oder der Dozent mit einer Antwort anfängt. Bin ich eine
Streberin oder sind die anderen einfach faul? Oder feige? Oder was ist da los? Ich
find’s eigentlich unhöflich, dass diese peinliche Stille dann immer eintritt,
und die Dozenten uns dann so erwartungsvoll anschauen. Aber ich will auch nicht
immer diejenige sein, die mit einer Antwort kommt.
Diese Leute, die
alles total lustig finden und die meisten Sachen ins Lächerliche ziehen, kann
ich auch nicht leiden. Ich frage mich einfach, wieso die überhaupt noch dabei sind,
wenn die Seminare sie anscheinend null interessieren und sie nicht mal die
Höflichkeit besitzen, andere beim Zuhören nicht zu stören. Haben die sich nur
für dieses Studium entschieden, weil sie das wollten und sie sich wirklich
Gedanken drüber gemacht haben? Oder einfach nur, weil sie sich für irgendein
Studium entscheiden mussten und ach, Deutsch ist dem Niederländischen so
ähnlich, das ist bestimmt leicht?
Vielleicht bin
ich die einzige, die sich darüber aufregt. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch
nicht, ob die Lehrer es genauso empfinden. Ich weiß nur, dass ich jeden Tag seit
Semesteranfang genervt nach Hause komme, meine Tasche auf einen Stuhl schmeiße
und wenn meine Eltern fragen: „Wie war dein Tag?“, antworte: „Don’t even go
there.“
„Ach, so schlimm?“
„Jaaaa. Na ja, kommt auf den Aspekt an.“
„Was war denn so
schlimm?“
„Die Menschen!“
Irgendwie ironisch,
dass ich mit den Menschen nicht klarkomme, obwohl ich doch Psychologie
studiere. Nur dass die Leute in Psychologie mich weniger nerven als die in
Deutsch.
Jetzt werde ich
einfach mal abschalten und mit meiner Mama den Film von gestern zu Ende
schauen. Heute war mal wieder ein ganz schön langer Text – tut mir leid.
Schöne Träume!
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